Zwischen Zahlen und Zielen – die Steuerberatung als Gründungspartner


Pia Höllwig (Kommunikations- und Branchenexpertin)
20.12.2024  |  0 Kommentare

Für den Prozess deiner Praxisgründung ist eine gute Steuerberatung unverzichtbar. Doch wie genau sieht die Zusammenarbeit mit einer Steuerberaterin oder einem Steuerberater eigentlich aus? In welchen Bereichen kann sie oder er dich unterstützen? Und wie berechtigt ist die Angst vorm Finanzamt?

Im Interview gibt Steuerberaterin Stefanie Anders Einblicke und Tipps.


Für dich im Interview

Stefanie Anders

Die Steuerberaterin und Fachberaterin für das Gesundheitswesen Stefanie Anders ist spezialisiert auf das Thema Praxisgründung, insbesondere auf die Erstellung von Businessplänen, die Begleitung von Finanzierungsgesprächen, die steuerliche Registrierung u. v. m.


Der richtige Zeitpunkt

Pia: Stefanie, wann ist der richtige Zeitpunkt im Gründungsprozess, sich eine Steuerberaterin oder einen Steuerberater zu suchen?

Stefanie: Meiner Meinung nach sollte man gleich zu Beginn bestimmte Personen mit ins Boot holen. Dazu zählt ggf. zum Beispiel auch ein guter Rechtsanwalt, wenn es um so etwas wie Vertragsgestaltung geht. Eine Bank zwecks Finanzierung, etc. Und dann eben auch frühzeitig ein:e Steuerberater:in, der oder die dann den ganzen Weg der Existenzgründung einmal mit begleitet, denn es gibt wirklich viele Punkte, die man da beachten muss.

Ich mache tatsächlich relativ oft die Erfahrung, dass wir zwar irgendwann dazu geholt werden, aber dann oftmals schon vieles passiert ist, es schon Bankgespräche gab oder sogar eine Finanzierung. Wir kommen dann oft erst dazu, wenn der/die Existenzgründer:in merkt: „Ach, ich brauche ja noch eine Steuernummer“. Aber wir sind im Rahmen der Existenzgründung ja nicht nur dafür da, um die steuerliche Registrierung und das laufende Geschehen zu übernehmen, sondern auch, um die vorherigen Schritte zu begleiten. 

Wir sind im Rahmen der Existenzgründung nicht nur dafür da, die steuerliche Registrierung und das laufende Geschehen zu übernehmen.

Stefanie Anders
Steuerberaterin

Worum geht’s da so am Anfang?

Es kommt zum Beispiel auf so etwas an wie: Gründet man die Praxis erst einmal alleine oder schließt man sich gleich mit jemandem zusammen und macht das in Form einer GbR? Auch eine GmbH kann unter bestimmten Voraussetzungen Sinn machen. Auf jeden Fall sind das schon Punkte, die man wirklich von Anfang an einmal mit einer Steuerberaterin oder einem Steuerberater, ggf. unter Hinzuziehung einer Rechtsanwältin oder eines Rechtsanwalts beleuchtet haben sollte.

Und ganz allgemein: Wie ist die Zukunftsplanung? Möchte ich perspektivisch viele Angestellte haben oder möchte ich das erstmal alleine machen? Wenn man in einigen Punkten alleine eine Entscheidung trifft und sich nicht von Anfang an eine Steuerberatung mit ins Boot holt, sondern zunächst so ein bisschen abdriftet und alleine an den Start geht, kann es halt wirklich sein, dass man dann im Zweifelsfall Entscheidungen später noch einmal revidieren muss. Das kann dann unter Umständen schon gerne einmal teuer werden. Deshalb sollten wir da am besten von Anfang an mit draufschauen.

Bei der Ersteinstellung von Mitarbeitenden mache ich auch oft die Erfahrung, dass hier auch zunächst keine Hilfe eingeholt wird: Oftmals sind auch schon Verträge alleine geschrieben oder aus dem Internet gezogen worden. Da wäre meine Empfehlung auch immer, eine Arbeitsrechtlerin oder einen Arbeitsrechtler in die Vertragsgestaltung mit hineinzunehmen. Gerade hier sollte meines Erachtens nach nicht an Kosten gespart werden. Wenn bestimmte Sachverhalte in den Arbeitsverträgen nicht wasserdicht geregelt sind, kann es im Ernstfall teuer werden, wenn der oder die Mitarbeiter:in später klagt und das Arbeitsgericht entscheiden muss.

Ich kann mich daher nicht dafür aussprechen, sich einfach irgendein Muster aus dem Internet zu ziehen, auch wenn die kostenlos sind.

Ein wichtiges Thema in der Existenzgründungsphase ist auch die Erstellung von Businessplänen, was wir auch machen. Hier gehen wir mit unseren Mandant:innen ins Gespräch: „Wie sieht deine Planung aus, welche Komponenten müssen wir in dem Businessplan berücksichtigen?“


Welche Schritte gibt es da noch? Wie ist da so der Ablauf?

Es geht z. B. darum, die Finanzierung bei der Bank durchzubekommen. Die möchten im Regelfall einen Businessplan. Hier ist es wichtig, dass die finanzierende Bank das Gründungsvorhaben versteht und dieses auch realistisch ist, damit die Finanzierungsanfrage positiv entschieden werden kann.

Zu diesem Zweck muss auch eine Finanz- und Liquiditätsplanung angefertigt werden, im Regelfall über einen Zeitraum von drei Jahren. Ungeachtet der Notwendigkeit, dass diese für den Businessplan bzw. die Finanzierung benötigt wird, rate ich jedem und jeder Existenzgründer:in, auch eine Planung für sich selbst zu machen.

Stefanies Tipp

Bei der Liquiditätsplanung solltest du auf folgende Fragen schauen: 

  • Wie planst du?
  • Wo möchtest du in drei Jahren stehen, sowohl mit deiner Praxis als auch privat?
  • Welche Gewinne wirft deine Praxis voraussichtlich künftig ab?
  • Passt das Vorhaben so auch in Hinblick auf zusätzliche Kostenkomponenten?
  • Möchtest du in drei Jahren drei Angestellte haben? Dann solltest du das jetzt schon bei der Anmietung der Räumlichkeiten berücksichtigen.
  • Was brauchst du, um meine monatlichen Lebenshaltungskosten zu decken? Und gibt deine Planrechnung das auch her?

Stefanie Anders
Steuerberaterin

Vertragsgestaltung ist auch ein Thema. Wenn man die Praxis erstmal alleine eröffnet, muss man natürlich noch nicht so viele Verträge abschließen. Aber besonders, wenn es um die Anstellung von Personal geht, sollte auf jeden Fall auch ein:e Arbeitsrechtler:in mit drauf gucken. Da kann ich mich nicht für aussprechen, sich einfach irgendein Muster aus dem Internet zu ziehen, auch wenn die kostenlos sind.

Gleiches gilt auch, wenn man sich mit anderen Therapeut:innen zusammenschließt und eine GbR gründen möchte. Da gibt es gesellschaftsrechtlich einfach einiges, was man regeln sollte. Solange alles gut geht und man sich gut versteht, passt es meistens. Aber wenn es dann doch mal zu Streitigkeiten kommt, ist es immer wichtig, einen guten Gesellschaftsvertrag zu haben.


Und wann kommt das Finanzamt ins Spiel?

Das Finanzamt wird dann im Nachhinein ins Boot geholt, wenn es um die steuerliche Registrierung geht. Ein Gewerbe muss meistens nicht angemeldet werden, aber man muss dem Finanzamt anzeigen, dass man eine freiberufliche Tätigkeit aufgenommen hat und innerhalb von vier Wochen einen Fragebogen zur steuerlichen Erfassung einreichen. Da müssen dann z. B. eine Umsatz- und Gewinnplanung gemacht werden, auf dessen Basis das Finanzamt die vierteljährlichen Einkommensteuervorauszahlungen festsetzt. Dann vergibt es auch die Steuernummer. Die ist wichtig, damit man Rechnungen schreiben kann.


Könntest du mir als Gründerin auch die entsprechenden Kontakte über die Steuerberatung hinaus vermitteln?

Für uns als ECOVIS KSO steht der gesamtheitliche Beratungsansatz unserer Mandant:innen im Mittelpunkt, so dass wir alles aus einer Hand abbilden können, auch auf kurzem Dienstweg.

Das heißt: Wir haben sowohl Steuerberater:innen, die den Gründungsprozess aus steuerlicher Sicht begleiten können, als auch Arbeits- und Gesellschaftsrechtler:innen, die wir im Bedarfsfall hinzuziehen können. Weiterhin verfügen wir über ein großes Netzwerk.


Die geeignete Steuerberatung

Was macht denn eine gute Steuerberatung für Praxisgründer:innen aus?

Also in meinem Bereich sind wir komplett auf das Medizinrecht und auf Heilberufe insgesamt spezialisiert. Ich bin dazu noch Fachberaterin für das Gesundheitswesen. Gerade bei Therapeut:innen gibt es ja auch immer noch so ein paar Besonderheiten, die man beachten muss, z. B. hinsichtlich der Umsatzsteuer. Deshalb haben wir uns auf diesen Bereich spezialisiert.

Wichtig ist in der heutigen Zeit auch immer, dass man im Hinblick auf die Digitalisierung schaut, dass man sehr digital aufgestellt ist und möglichst viele Schnittstellen einbezieht. Es ist halt wichtig als Steuerberater:in, dass man das laufende Geschehen im Blick hat. Wir legen besonders viel Wert darauf, die Therapeut:innen während der Existenzgründung intensiv mit an die Hand zu nehmen, ganz besonders in den ersten ein bis drei Jahren, da die einfach besonders wichtig sind in der Gründungsphase – auch was Finanzplanung, Gewinnentwicklung und Festsetzung von Steuervorauszahlungen angeht. Damit die Reise nicht so endet, dass jemand da große Nachzahlungen leisten muss oder unterjährig schon zu viele Steuern gezahlt hat.

Gerade bei Therapeut:innen gibt es ja auch immer noch so ein paar Besonderheiten, die man beachten muss.

Stefanie Anders
Steuerberaterin

Wie wichtig ist denn der Branchenbezug als Steuerberater:in?

Also grundsätzlich kann sicherlich jede:r Steuerberater:in alles abdecken oder sollte es können. Aber ich sehe es so ein bisschen wie bei Ärzt:innen. Wenn ich Probleme mit meinem Knie habe, gehe ich auch nicht zum Zahnarzt. Deshalb haben wir in unserer Kanzlei die Entscheidung getroffen, ein Team auf diesen Bereich zu spezialisieren, um unsere Mandant:innen bestmöglich zu beraten. Es ist einfacher, wenn man eine Spezialisierung hat. Das Steuerrecht ist sehr weitgefächert und es gibt immer wieder neue branchenübergreifende Urteile. Das für alle Bereiche auf dem Schirm zu haben, halte ich persönlich für schwierig. Ich würde mir jetzt auch nicht zutrauen, mal eben eine land- und forstwirtschaftliche Beratung durchzuführen, dafür gibt es dann eben Agrarspezialisten. Und ja – mein Herz schlägt einfach für den Medizinbereich.


Der persönliche Kontakt steht im Vordergrund

Ihr seid ja eine große Kanzlei, schafft ihr es trotzdem, den persönlichen Kontakt zu erhalten?

Ja, das stimmt. Wir sind aktuell an sieben Standorten vertreten, aktuell sind es 450 Mitarbeitende, Tendenz steigend. Wir arbeiten aber unter dem Slogan „Persönlich gut beraten“. Der persönliche Kontakt ist wichtig für uns, sowohl mit unseren Mitarbeitenden als auch gegenüber unseren Mandant:innen. Damit niemand das Gefühl hat, nur eine Nummer zu sein. Wir sind in viele Teams unterteilt und haben viele Partner:innen. Heruntergebrochen ist man einem festen Team zugehörig und der persönliche Kontakt steht bei uns im Vordergrund. Wir bleiben mit unseren Mandant:innen laufend im Gespräch, machen auch viele Termine vor Ort in den Praxen, gerade auf dem Wege der Gründung. Da wir aber auch viele Mandant:innen deutschlandweit betreuen, bieten wir unsere Gespräche selbstverständlich auch remote an.

Mir hilft es selbst auch, die Praxis auch vor Ort einmal gesehen zu haben, um mir die Abläufe dort anzuschauen und nicht alles vom Schreibtisch aus zu bearbeiten. Dies trägt dann auch noch einmal mehr zu einer intensiven Bindung zwischen den Mandant:innen und uns als Steuerberater:in bei. Uns wird ja oft nachgesagt, dass wir einen sehr öden und trockenen Beruf haben, wo man nur am Schreibtisch sitzt und ganz viele Gesetzesblätter wälzt. Tatsächlich macht aber der persönliche Kontakt mit den Menschen unseren Beruf sehr aus.


Wie sieht denn die Zusammenarbeit konkret aus? Gibt es da verschiedene Möglichkeiten?

Das ist ganz unterschiedlich. Klar, wir beraten Existenzgründer:innen. Und wenn dann quasi einmal mit der Praxis gestartet wird, gibt es verschiedene Möglichkeiten.

Es gibt zum Beispiel die Möglichkeit, dass man als Mandant:in selbst bucht. Wir bieten aber auch das volle Paket an, also mit Finanzbuchhaltung – das dann monatlich, damit wir einen Überblick über die Gewinnermittlung haben. Und wir machen das alles 100 % digital. Dann bieten wir die laufende Finanzbuchhaltung an sowie die jährliche Erstellung der Gewinnermittlung für die Praxis samt Einkommensteuer- und ggf. Umsatzsteuererklärung. Wenn die Praxis Angestellte hat, übernehmen wir hier auch gerne die monatliche Lohnbuchhaltung.

Insgesamt richten wir uns hinsichtlich des Leistungspakets nach den Wünschen unserer Mandant:innen: Es bleibt den Praxen selbst überlassen, ob sie laufend selbst buchen, und wir kommen dann am Ende des Jahres für die Gewinnermittlung und Steuererklärung mit ins Spiel.

Das ist ganz flexibel möglich, wie es für die Mandant:innen passt.

Darüber hinaus versuchen wir laufend im Austausch zu bleiben, bieten persönliche Gespräche oder Video-Calls an, gerade in der Anfangszeit. Auch regelmäßige Jour fixes sind möglich. Uns ist es immer wichtig, nah an den Mandant:innen zu sein.

Uns ist es immer wichtig, nah an den Mandant:innen zu sein.

Stefanie Anders
Steuerberaterin

Wenn ich quasi den bequemsten Weg wähle, bewahre ich alle Belege auf, fotografiere die ab und lade sie hoch? Oder wie ist der Ablauf? Mit meinem Schuhkarton komme ich am Ende des Jahres wahrscheinlich nicht mehr bei euch vorbei, oder?

Genau, kein Schuhkarton und auch keine Wundertüte mehr 😉. Wir arbeiten mit DATEV Unternehmen online, da werden alle Rechnungen digital zur Verfügung gestellt. Wirklich abfotografiert werden müssen tatsächlich nur noch die Belege, die man wirklich in Papierform ausgehändigt bekommt. Bei den meisten Lieferanten gibt es ja sowieso elektronische Belege und die werden dann einfach digital überführt in dieses Portal. Also die Ausgangsrechnungen, die dann zum Beispiel mit thevea geschrieben werden, können wir uns einfach als CSV-Datei ziehen und einspielen. Bankumsätze werden elektronisch abgerufen.


Ist es sinnvoll, auch schon Belege von der Zeit vor der Gründung aufzubewahren? Zum Beispiel von Ausbildung und Studium?

Wir haben eine sogenannte Abschnittsversteuerung, das heißt, man gibt für jedes Jahr eine Steuererklärung ab. Wenn ich mich nun beispielsweise in 2025 selbstständig mache, ich aber in 2023 Kosten habe, dann macht es unter Umständen Sinn, auch für die Jahre eine Einkommensteuererklärung abzugeben, da ich Belege aus Vorjahren nicht einfach in der aktuellen Erklärung einreichen kann. Bezüglich der Ausbildungskosten ist es immer etwas tricky: Gibt es zum Beispiel bereits eine abgeschlossene Erstausbildung oder ist das die erste Ausbildung? Das wird unterschiedlich steuerlich behandelt.

Lange Rede, kurzer Sinn: Man sollte einfach prüfen, ob es eventuell Sinn macht, für vorangegangene Jahre eine Steuererklärung abzugeben. Wenn es keine Pflicht gibt, also wenn man ansonsten nicht verpflichtet ist, hat man 4 Jahre rückwirkend Zeit. In 2025 also bis 2021. Und wenn man in der Zeit keine Einnahmen hat, sondern nur Kosten, dann kann man sich Verluste vom Finanzamt feststellen lassen und die werden dann im Folgejahr verrechnet.


Wo liegen denn die Kosten für eine:n Steuerberater:in?

Man ist einmal im Jahr verpflichtet, eine Steuererklärung abzugeben und eine Gewinnermittlung. Dabei sind wir an die Steuerberatervergütungsverordnung gebunden. Das bemisst sich dann an Gegenstandswerten und Sätzen. Buchführung wird ebenfalls danach abgerechnet. Und laufende Beratungsthemen werden im Regelfall nach Stundensätzen vergütet.


Fallen dir Dinge ein, die Gründer:innen von der Steuer absetzen können, die vielleicht auf den ersten Blick nicht offensichtlich sind?

Grundsätzlich gilt: Was ist eine Praxisausgabe, also was kann ich wirklich im Rahmen der Gewinnermittlung abziehen? Das sind im Prinzip alle Kosten, die irgendwie im Zusammenhang mit dem Betrieb meiner Praxis stehen, wie bspw. Miete, Personalkosten, Versicherungsbeiträge, EDV-Gebühren, Fortbildungskosten, Fahrtkosten, etc.

Kosten, die während der Gründungsphase entstehen, wenn ich mich z. B. rechtlich beraten lasse, wenn ich Werbung mache, einen Businessplan erstellen lasse, sind ebenfalls abzugsfähig. Und dann gibt es die private Einkommensteuererklärung. Da gibt es auch noch verschiedene Möglichkeiten, man kann Versicherungen geltend machen (beispielsweise zur eigenen Kranken- und Pflegeversicherung oder aber auch zur eigenen Altersvorsorge). Weiter sind auch Spenden, haushaltsnahe Dienstleistungen und auch Handwerker-Rechnungen absetzbar. Dies ist nur ein kleiner Auszug, es gibt noch viele weitere absetzbare Kosten

Alles zum Thema Steuern

Welche Steuerarten du kennen sollst, wie du dich beim Finanzamt registrierst und wie du Nachzahlungen verhinderst, liest du in diesen Artikeln rund ums Thema steuern.


Also am besten lieber einmal alles, was es gibt, an euch übergeben?

Ja, ich sag immer, lieber zu viel einreichen, dann kann man immer noch sagen, das geht nicht. Also gerne einfach erst mal Belege sammeln und ein Fragezeichen darauf machen, wenn man nicht genau weiß, ob man es steuerlich geltend machen kann. Gerade in der Anfangsphase, wenn man sich bisher nicht so ganz sicher ist, lieber die Unterlagen aufbewahren und dann wirklich die Steuerberaterin oder den Steuerberater, anstatt es erst gar nicht einzureichen. Gerade auch bei Seminaren und Fortbildungen gerne den Ausbildungsplan noch mit aufbewahren: Wenn man z. B. einen Lehrgang besucht und länger als 8 Stunden unterwegs ist, kann man auch noch zusätzliche Verpflegungsmehraufwendungen geltend machen.

Stefanies Tipp

Gerade in der Anfangsphase lieber alle Unterlagen aufbewahren und dann wirklich die Steuerberaterin oder den Steuerberater fragen, anstatt es erst gar nicht einzureichen.

Stefanie Anders
Steuerberaterin

Keine Angst vor der Steuerprüfung

Wie groß ist denn die Wahrscheinlichkeit der gefürchteten Betriebsprüfung?

Also grundsätzlich ist es so: Wir geben einmal im Jahr die Einkommenssteuererklärung inklusive Einnahmen-Überschuss-Rechnung ab, da müssen prinzipiell auch keine Belege mehr beim Finanzamt eingereicht werden. Wenn das Finanzamt da im Rahmen der Veranlagung schon irgendwelche Rückfragen hat oder Angaben nicht ganz plausibel sind, dann ist es oftmals so, dass zu diesem Zeitraum bereits Rückfragen erfolgen. Da wird das dann auf kurzem Dienstweg vorab schon geklärt.

Darüber hinaus hat das Finanzamt auch Vergleichswerte anderer Praxen und ordnet die Praxen schon nach Größe ein. Es ist schwer, das pauschal zu sagen, aber eine kleine Einzelpraxis ist vielleicht nicht so prüfungspflichtig, als wenn man in einer größeren Einheit ist. Es kann aber genauso gut sein, dass eine Praxis per Zufallsauswahl geprüft wird oder wenn es Auffälligkeiten bzw. Ungereimtheiten gibt. Ich betreue z. B. Mandant:innen, die schon 20 bis 30 Jahre bei uns sind und noch nie eine Prüfung hatten. Es kann aber auch sein, dass jemand eine Prüfung hat und drei Jahre später eine Anschlussprüfung stattfindet. Es ist aber auch nicht unüblich, dass gerade in der Gründungsphase wirklich mal eine Prüfung stattfindet. Gerade auch, wenn dauerhaft am Anfang Verluste gemeldet werden.

Neben der Betriebsprüfung, die im Regelfall drei Jahre umfasst, können auch Lohnsteueraußenprüfungen oder Umsatzsteuersonderprüfungen angeordnet werden. Diese umfassen dann meist einen kürzeren Prüfungszeitraum.


Dann ist man ja aber mit euch auf der sicheren Seite, dass nichts schief gehen kann, oder?

Ich sag mal, wir haben ja auch einen Blick darauf. Wenn jetzt laufend schon irgendwelche Dinge aufkommen, dann gehen wir mit den Mandant:innen ins Gespräch. Das ist natürlich unser Job, dass wenn uns da irgendwie was auffällt, dass wir dann direkt Hinweise geben.

Zulassung, Steuern, Umsatz: Gründer-Guide


Hast du einen ultimativen Tipp für Gründer:innen oder gibt es Fehler, die sich vermeiden lassen?

Was wirklich oft ein Thema ist, wenn wir Mandate übernehmen, dass das mit den Steuervorauszahlungen von Anfang an nicht richtig läuft. Deshalb nehmen wir nur Mandant:innen an, die uns monatlich ihre Unterlagen einreichen. Möglich wäre ggf. noch eine vierteljährliche Einreichung. Jährliche Bereitstellungen von Unterlagen machen keinen Sinn, da wir dann nur noch eine Vergangenheitsbewältigung betreiben und nicht mehr aktiv in das steuerliche Geschehen unserer Mandanten eingreifen können.

Wird die Buchhaltung nicht von Anfang an streng überwacht, ist es relativ oft so, dass man das erste Jahr zunächst gar nichts vorauszahlt. Dann wird ein bis anderthalb Jahre später die Steuererklärung abgegeben und es ergeht ein Einkommensteuerbescheid mit einer entsprechend hohen Nachzahlung für das Erstjahr. Zeitgleich wird dann für das meist ebenfalls abgelaufene Vorjahr eine nachträgliche Nachzahlung festgesetzt und ebenfalls zeitgleich werden dann noch die Einkommensteuervorauszahlungen für das laufende Jahr teils drastisch erhöht. Ich nenne das dann immer die sogenannte dreifache Keule, die schnell auch existenzbedrohend werden kann. Ich habe wirklich schon Fälle erlebt, wo die Praxisinhaber:innen dann dafür eine Finanzierung bei der Bank aufnehmen mussten, weil sie dann auf einmal immens hohe Steuerzahlungen haben, mit denen sie gar nicht gerechnet haben. In diesem Zuge sind dann schon oft Mandant:innen zu uns gewechselt.

Deshalb ist es wichtig, von Anfang an pünktlich die Sachen bei der Steuerberaterin oder beim Steuerberater abzugeben, monatlich zu buchen und die Steuererklärung für das Erstjahr schnell zu erstellen. Damit man dann auch schnell weiß, wo man steuerlich und finanziell steht und da entsprechend richtig eingeordnet ist.

Es ist wichtig, von Anfang an pünktlich die Sachen bei der Steuerberaterin oder dem Steuerberater abzugeben, monatlich zu buchen und die Steuererklärung für das Erstjahr schnell zu erstellen.

Stefanie Anders
Steuerberaterin

Stefanie, ich danke dir für das tolle Gespräch!

Sehr gerne, liebe Pia. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht.

Wer hier für dich schreibt

Pia Höllwig (Kommunikations- und Branchenexpertin)

Durch ihre langjährige Erfahrung im Gesundheits- und Heilmittelbereich kennt Pia Höllwig die Branche mittlerweile in und auswendig. Die Themen TI und Existenzgründung liegen ihr dabei besonders am Herzen. Ihr Wissen gibt Pia regelmäßig in Expertenbeiträgen und Seminaren weiter.

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