Die Wahl der Rechtsform ist ein zentraler Schritt im Gründungsprozess – sie beeinflusst nicht nur Haftung und Steuern, sondern auch den Aufwand bei Gründung und Verwaltung. Ich habe mich mit Steuerberaterin Stefanie Anders und Rechtsanwältin Julia Brey ausgetauscht, welche Rechtsformen für dich in Frage kommen und worauf du achten musst.
🏃♀️Rechtsformen für Eilige
1. Einzelunternehmen
Einfach und schnell gegründet. Ideal, wenn du alleine starten willst. Du haftest allerdings mit deinem gesamten Privatvermögen.
2. Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
Für den Start zu zweit oder im kleinen Team. Ihr teilt euch Verantwortung, Entscheidungen – aber auch das Risiko. Hier haftet ihr ebenfalls vollumfänglich mit eurem Privatvermögen – auch für Fehler oder vertragliche Verpflichtungen der anderen Gesellschafter.
3. Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)
Höherer Aufwand, aber begrenzte Haftung (im Regelfall keine private Haftung). Geeignet bei großem Haftungsrisiko oder sehr umfangreicher Praxisstruktur.
4. Unternehmergesellschaft (UG)
Die "Mini-GmbH" mit weniger Kapitalbedarf. Haftung wie bei der GmbH, aber mit Aufbaupflicht eines Rücklagenpolsters.
[1] Einzelunternehmen - dein Start allein
Ein Einzelunternehmen ist keine eigene juristische Person, sondern du als Inhaber:in deiner eigenen Praxis bist selbst das Unternehmen. Das heißt: Du trägst alle Rechte und Pflichten, entscheidest allein, haftest dafür aber auch mit deinem gesamten Privatvermögen.
Das Einzelunternehmen ist die einfachste Rechtsform für Therapeut:innen, die allein gründen wollen.
Die Vorteile:
- Schnelle, formlose Gründung – ohne Notar und im Regelfall auch ohne Gewerbeanmeldung
- Kein Mindestkapital erforderlich
- Unkomplizierte steuerliche Anmeldung
Die Anmeldung beim Finanzamt ist unkompliziert: Es genügt, innerhalb von vier Wochen nach Tätigkeitsbeginn diesen ggü. dem Finanzamt anzuzeigen und den „Fragebogen zur steuerlichen Erfassung“ einzureichen.
Der große Nachteil: Du haftest unbegrenzt mit deinem Privatvermögen. Das bedeutet, dass im Fall von Schulden oder rechtlichen Auseinandersetzungen auch dein Haus oder dein privates Konto betroffen sein können.
Man muss wirklich wissen: Im Haftungsfall haftet man auch persönlich und unbeschränkt mit dem gesamten Vermögen.

Julia Brey
Rechtsanwältin
[2] GbR - gemeinsam gründen, gemeinsam haften
Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ist eine Personengesellschaft. Sie entsteht, sobald sich mindestens zwei Personen zusammenschließen, um ein gemeinsames Ziel zu verfolgen – in deinem Fall: eine gemeinsame Praxis.
Die GbR ist ideal für alle, die nicht allein starten möchten. Zwei oder mehr Praxisgründer:innen schließen sich zusammen – mit einem gemeinsamen Ziel und gemeinsamer Verantwortung. Die Gründung ist unkompliziert, erfordert aber eine saubere vertragliche Basis.
Die GbR ist ein bisschen wie eine Ehe – sie funktioniert nur, wenn man sich vorher über alles einig ist.

Stefanie Anders
Steuerberaterin
Auch hier haften alle Gesellschafter:innen persönlich – und zwar gesamtschuldnerisch. Das bedeutet: Wenn eine:r einen Fehler macht oder Schulden verursacht, haften alle gemeinsam – auch mit dem Privatvermögen. Daher ist es essenziell, im Gesellschaftsvertrag Zuständigkeiten, Arbeitszeiten, Vertretungsregeln und die Gewinnverteilung klar zu regeln.
Was muss in einen GbR-Vertrag?
Für deinen Gesellschaftervertrag solltest du dich unbedingt anwaltlich beraten lassen, denn die Inhalte sind in der Regel sehr individuell. Mögliche Inhalte eines Vertrages können sein:
- Arbeitszeit und Aufgabenverteilung
- Gewinnverteilung
- Vertretungsregelungen
- Eintritt und Austritt von Gesellschafter:innen
- Schwangerschaftsvertretungen
[3] GmbH - sicher, aber aufwendig
Die GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) ist eine eigenständige juristische Person. Das bedeutet: Sie kann Verträge abschließen, klagen oder verklagt werden – unabhängig von den Gesellschafter:innen. Vertreten wird sie durch eine:n Geschäftsführer:in. Die Haftung ist auf das Gesellschaftsvermögen begrenzt, was Gründer:innen finanziell schützt.
Sie bringt also vor allem eines mit sich: eine beschränkte Haftung. Gerade bei größeren Praxen, vielen Mitarbeitenden oder hohen Investitionen kann das ein klarer Vorteil sein.
Allerdings bringt die GmbH auch einige Nachteile mit sich:
- Hohes Startkapital: Mindestens 25.000 € Stammkapital sind notwendig, davon müssen bei Gründung mindestens 12.500 € eingezahlt werden.
- Aufwendige Gründung: Notartermin, Gesellschaftsvertrag und Eintragung ins Handelsregister sind Pflicht.
- Buchhaltungs- und Berichtspflichten: Es gilt die doppelte Buchführung, und es muss ein Jahresabschluss erstellt werden. Der Jahresabschluss muss zudem im Unternehmensregister hinterlegt bzw. veröffentlicht werden.
- Weniger Flexibilität: Änderungen (z. B. Aufnahme neuer Gesellschafter:innen oder Verkauf von Gesellschaftsanteilen) erfordern oft notarielle Beurkundung und formale Prozesse.
Ob du als Gründer:in im arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Sinne „selbstständig“ oder „abhängig beschäftigt“ bist, hängt von deiner konkreten Tätigkeit ab. In der Heilmittelbranche tätige Freiberufler (z.B. Ärzte oder Therapeuten) sind in der Regel nicht sozialversicherungspflichtig, es sei denn, sie üben eine abhängige Beschäftigung aus.
Die Abgrenzung kann teilweise schwierig sein, sollte aber dennoch unbedingt vor Beginn der Tätigkeit mit deiner Steuerberatung festgestellt werden, da diese Einordnung auch arbeitsrechtlich relevant werden kann.
Ich stelle oft die Frage: Warum möchtet ihr eine GmbH gründen? Meistens reicht eine GbR vollkommen aus.

Stefanie Anders
Steuerberaterin
Gerade für kleine und mittlere Praxen lohnen sich dieser Aufwand und die damit verbundenen Kosten oft nicht. Die persönliche Haftung lässt sich meist zumindest hinsichtlich möglicher Behandlungsfehler auch über Berufshaftpflichtversicherungen gut absichern – ganz ohne GmbH-Konstrukt.
GmbH - wann sinnvoll?
[4] UG - die kleine Schwester der GmbH
Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), kurz UG, ist rechtlich gesehen eine besondere Form der GmbH. Sie bietet denselben Haftungsschutz, kann aber schon mit sehr wenig Kapital gegründet werden. Der Unterschied: Gewinne müssen zunächst teilweise einbehalten werden, um Kapital aufzubauen.
Sie eignet sich besonders für Gründer:innen mit wenig Startkapital. Ihre Merkmale:
- Gründung schon ab 1 € Stammkapital möglich (Empfehlung: ca. 2.500 €, damit zumindest die Gründungskosten abgedeckt sind)
- Haftung ist auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt
- Pflicht zur Rücklagenbildung (25 % des Jahresgewinns)
Wie bei der GmbH ist eine notarielle Beurkundung und eine Handelsregisteranmeldungnötig. Ziel ist es, die UG durch Rücklagen langfristig in eine GmbH umzuwandeln.
[5] Praxisgemeinschaft - gemeinsam, aber getrennt
Die Praxisgemeinschaft ist ideal für selbstständige Therapeut:innen, die Ressourcen wie Räume oder Personal gemeinsam nutzen möchten – dabei aber wirtschaftlich völlig unabhängig bleiben. Sie zeichnet sich aus durch:
- Gemeinsame Nutzung von Infrastruktur
- Getrennte Patientenstämme, Abrechnung und Praxiseinnahmen
- Keine gemeinsame Haftung oder Unternehmensstruktur
❗Wichtig: Diese Gemeinschaft erzielt keine eigenen Einnahmen – jede:r bleibt für sich selbst verantwortlich.
Zusammenfassung: Die richtige Rechtsform
Wenn du deine Praxis klein und mit wenig Mitarbeiter:innen startest, reichen das Einzelunternehmen oder die GbR als Rechtsform vollkommen aus. Sie sind schnell gegründet, flexibel in der Handhabung und mit deutlich weniger Aufwand verbunden.
Die GmbH oder UG kann in Ausnahmefällen sinnvoll sein – etwa bei hohen Investitionen oder geplanter Expansion. Aber sie bringt auch viele formale Anforderungen mit sich, die du realistisch z. B. gemeinsam mit deiner Steuerberatung einschätzen solltest.