Privatpreise: durchsetzen statt diskutieren [Erfahrungen & Argumente]


Laura Wude (Praxisleiterin & Therapeutin)
13.09.2024

Ich habe meine Privatpreise um 40 % erhöht – und so gut wie keine Patienten verloren

Vielen Praxisinhaber:innen und Therapeut:innen fällt die Kommunikation über Preise nicht leicht. Mir ging es genauso.

Vor dem Verkauf meiner Praxis habe ich die Privatpreise um 40 Prozent erhöht, um ein angemessenes Niveau zu erreichen.

Fast alle Patientinnen und Patienten sind geblieben.

Dieser eher persönliche Artikel soll dir und deinem Praxisteam den Rücken stärken, damit ihr eure Privatpreise souverän vertreten könnt.

In meinen sechs Grundsätzen findest du Hintergrundwissen zu den häufigsten Bedenken von Therapeut:innen und Empfehlungen, wie du auf die typischen Diskussionsversuche souverän reagierst.

Umfrageergebnis, dass 85 % der Praxisteams regelmäßig mit Privatpatienten über Privatpreise diskutieren.

[1] Preiserhöhungen schaden deiner Praxis nicht

Als ich mich selbstständig machte, wollte ich hauptsächlich eines: Menschen bei ihrer gesundheitlichen Entwicklung unterstützen. Hätte jemand meinen Lebensunterhalt gezahlt, hätte ich wohl auch kostenlos behandelt. 

Doch die Realität sieht anders aus, und auch wir Therapeut:innen müssen wirtschaftlich denken.

Nur mit einem guten Einkommen kann eine moderne Praxis mit gesunden und glücklichen Therapeut:innen langfristig bestehen – und davon profitieren letztlich auch die Patient:innen.

Trotz dieses Bewusstseins fiel es mir anfangs schwer, mit Privatpatient:innen über Preise zu sprechen.

Ich rechtfertigte meine Preise, entschuldigte mich für Erhöhungen und ging zu stark auf emotionale Reaktionen ein. 

Manchmal verzichtete ich sogar auf Teile meiner Vergütung, um die Eigenbelastung von Patient:innen so gering wie möglich zu halten.

Selbst als meine Preise nur knapp über denen der gesetzlichen Krankenkassen lagen, fragte ich mich: „Darf ich das verlangen? Ist meine Leistung wirklich so viel wert? Will oder kann sich das überhaupt noch jemand leisten?“  

Heute beantworte ich diese Fragen klar mit „Ja“. 

Durch den Austausch mit erfahreneren Kolleg:innen habe ich schnell gelernt:

  • Ein schlechtes Gewissen, ausschweifende Rechtfertigungen und emotionale Entschuldigungen sind in der Privatpreis-Kommunikation unnötig.
  • Meine Preise sind angemessen – egal, wie hochpreisig sie Patient:innen erscheinen mögen.
  • Sachlichkeit, Transparenz und Selbstbewusstsein sind entscheidend für eine erfolgreiche Kommunikation über Preise.
  • Es gibt immer Privatpatient:innen, die den Wert meiner Therapie schätzen und meine Preise gerne und mit einem Lächeln auf dem Gesicht bezahlen.

Kurz bevor ich meine Praxis weitergegeben habe, um selbst Vollzeit als Referentin durchzustarten, setzte ich mir ein klares Ziel: Meine Nachfolgerin sollte einen stressfreien Start mit einer wirklich guten Vergütung haben. 

Daher beschloss ich, das Gelernte auf die Probe zu stellen und die Preise vom 1,4- auf den 2-fachen GKV-Steigerungssatz zu erhöhen. 

Neben der Umsatzsteigerung erhoffte ich mir davon insgeheim auch, dass ein paar der „immer wieder meckernden“ Beihilfe- und Privatpatient:innen wegfallen, um etwas Platz im überfüllten Kalender zu schaffen.

Ersteres hat geklappt, letzteres nicht wirklich: Fast alle Patient:innen blieben, obwohl zum Beispiel die 45-minütige Behandlung von 51 € auf 72 € gestiegen ist.

Nur genau 21 entschieden sich zunächst gegen den neuen Behandlungsvertrag. 10 von ihnen kamen innerhalb von 5 Wochen wieder zurück. 

Spätestens da habe ich verstanden: Die meisten Patient:innen schätzen qualitative Therapie und wissen (insgeheim), wie wertvoll sie ist. 

Das Problem war nie die Höhe meiner Privatpreise, sondern meine unsichere Kommunikation dazu.

So haben mein Team und ich die Preisanpassung angekündigt:

Bei Ihrem übernächsten Termin gelten unsere neuen Preise. Ihre neuen Konditionen habe ich bereits in unserem Behandlungsvertrag aktualisiert. Setzten Sie sich gerne kurz ins Wartezimmer, lesen Sie ihn in Ruhe durch und prüfen Sie gerne auch Ihre persönlichen Angaben, bevor Sie unterschreiben. Geben Sie ihn anschließend einfach an der Rezeption ab. Danke.

Keine großen Erklärungen, keine Entschuldigungen – einfach sachlich.

Natürlich gab es Rückfragen, auf die wir eingegangen sind. Einige Patient:innen versuchten zu diskutieren – darauf reagierte vor allem meine älteste Kollegin immer besonders klar:

Sie kennen jetzt die neuen Konditionen – möchten Sie diese annehmen oder soll ich Ihre zukünftigen Termine stornieren und Patient:innen von der Warteliste kontaktieren?

Die meisten Patient:innen haben sich für Ersteres entschieden.

Das mag vielleicht streng klingen – in den nächsten Grundsätzen erkläre ich detaillierter, was es braucht, um auch größere Preissteigerungen ohne schlechtes Gewissen und Diskussionen zu meistern. 

Zunächst möchte ich jedoch, dass du und dein Team verinnerlicht: Privatpreise sind etwas vollkommen Sachliches und schaden niemandem – vor allem nicht deiner Praxis!


[2] Beihilfe und PKV-Erstattung: keine gute Orientierung

Anders als bei der Vergütung der gesetzlichen Krankenkassen gibt es für die Privatpreisgestaltung in Heilmittelpraxen keine Vorgaben.

Es existiert keine gesetzlich verankerte Gebührenordnung für Heilmittel und es bestehen keine Verträge zwischen Praxen und den Beihilfen oder Privatkrankenversicherungen (PKV).

Wie der Abrechnungsweg von Privatversicherten zeigt: Wenn Patient:innen behaupten, eure Preise müssten sich an Preislisten der Beihilfe oder PKV orientieren, stimmt das schlichtweg nicht.

Abrechnungsweg von Patient:innen mit Beihilfe oder Privatversicherung

Für dich und deine Privatpatient:innen gelten ausschließlich die Praxisregeln und der gemeinsam vereinbarte Behandlungsvertrag – zwei Fakten helfen dir, diesen Grundsatz zu verinnerlichen:

1️⃣ Beihilfe ist nicht bindend und keine Heilmittel-Vollversicherung.

Auch Beihilfeversicherte sind reguläre Privatpatient:innen. Obwohl die Beihilfe-Höchstbeträge gesetzlich vorgegeben werden, sind sie für Heilmittelpraxen nicht bindend.

Maßgeblich sind sie ausschließlich für die Kostenrückerstattung der einzelnen Beihilfen maßgeblich.

Darüber informiert die Bundesbeihilfe ihre Patient:innen selbst im Merkblatt zu den Beihilfe-Höchstbeträgen:

Auszug aus dem Merkblatt der Beihilfe-Höchstbeträge für Heilmittel

Daraus wird auch deutlich, dass die Beihilfe für Heilmittel keinen vollen Versicherungsumfang bietet, sondern lediglich eine finanzielle Unterstützung zur Heilbehandlung ist.

Beihilfepatient:innen müssen mögliche Preisdifferenzen immer selbst finanzieren oder durch private Zusatzversicherungen absichern.


2️⃣ PKV-Heilmittelpreise sind nicht bindend und uneinheitlich gestaltet.

Das PKV-Serviceportal beschreibt es in ihrem Artikel über Heilmittel am besten:

Auszug aus dem PKV-Serviceportal zu den Erstattungsmöglichkeiten für Heilmittel der PKV-Preislisten
  • Es gibt demnach etliche Varianten von PKV-Preislisten, die alle lediglich den Versicherungsumfang der Patient:innen beschreiben
  • Sie sind für die Preisgestaltung von Heilmittelerbringer:innen nicht maßgeblich und spiegeln nicht immer die genannte „übliche Vergütung“ wider.
  • Privatversicherte müssen selbst wissen oder prüfen, wie hoch ihr Erstattungsbetrag für Heilmittelleistungen ist und mögliche Differenzen selbst finanzieren

Als „übliche Vergütung“ definiert die PKV in der Regel die Beihilfe-Höchstsätze. Da diese aber ebenfalls keine gesetzliche Vorgabe für Heilmittelpraxen ist, gibt es eine bessere und gesetzlich verankerte Orientierungshilfe für Heilmitteltherapeut:innen, auf die ich im nächsten Grundsatz eingehe.

💡 Tipp: Denkt bei der Kommunikation daran, dass Patient:innen meist nicht eure Preise kritisieren, sondern sich über ihren Versicherer und ihren unzureichenden Versicherungsumfang ärgern.

Wissen über Privatpreisgestaltung in der Kommunikation einsetzen.

Patient:in: Wenn meine Beihilfe/PKV Ihre Preise nicht bezahlt, sind Sie zu teuer! Sie müssen sich an die Preise der Beihilfe/meiner PKV halten.

Praxisteam: PKV-Preislisten sind uns nicht bekannt und ebenso wie Beihilfe-Preise für uns nicht bindend. Für angemessene Preise orientieren wir uns deshalb an der gesetzlichen und damit üblichen Vergütung. 

Dass Ihr Versicherungsumfang dafür nur eine anteilige Rückerstattung umfasst, liegt nicht in unserer Verantwortung.

Für uns gilt der gemeinsam vereinbarte Behandlungsvertrag.


[3] Preisgestaltung mit GKV-Steigerungssatz erleichtert vieles

Nun weißt du, dass Beihilfe- und PKV-Preise für deine Praxis nicht bindend sind. Trotzdem sollten deine Privatpreise gemäß dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) angemessen sein und dem Üblichen entsprechen.

  • Das BGB-Gebot gilt für alle Dienstleister in Deutschland und bedeutet, dass ein realistisches Preis-Leistungs-Verhältnis eingehalten werden soll, ohne die Vergütung unverhältnismäßig in die Höhe zu treiben.
  • Was als „übliche Vergütung“ gilt, ist für Heilmittelerbringer jedoch nicht klar definiert. Das kann in der Privatpreis-Kommunikation zu Hürden führen, weil die Preise für Patient:innen willkürlich erscheinen können.

Um mehr Transparenz zu schaffen, orientieren sich viele Heilmittelpraxen am für Privatversicherte bekannten Vorgehen von Arztpraxen.

  • Diese legen ihre Privatpreise meist über einen Steigerungsfaktor auf Basis ihrer gesetzlich vorgegebenen Gebührenordnungen (GOÄ, GOZ, GOT) fest.
  • Ein Faktor zwischen dem 1,2- und 2,3-fachen Satz ist dabei Standard und muss von Ärzt:innen nicht begründet werden.

Da es für Heilmitteltherapeut:innen keine gesetzliche Gebührenordnung gibt, nutzen viele Praxen die GKV-Vergütungsvereinbarungen als Grundlage für die Berechnung der Privatpreise mittels Steigerungsfaktor. 

Das hat die thevea-Umfrage mit 331-Teilnehmer:innen bestätigt: Die meisten Praxen orientieren sich an der GKV-Vergütung.

52 % der Heilmittelpraxen legen ihre Preise mit dem GKV-Steigerungssatz fest.

Drei Gründe für einen GKV-Steigerungssatz 

  • Gesetzliche Basis: Die GKV-Vergütungsvereinbarungen sind die einzigen offiziellen und gesetzlich bindenden Preislisten für Heilmittel. Auch die Beihilfe-Höchstsätze orientieren sich daran.
  • Mitgestaltung durch Berufsverbände: Vertreter:innen der Berufsverbände der Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie und Podologie setzten sich bei den GKV-Preisverhandlungen für eine angemessene und wirtschaftliche Vergütung von Heilmitteltherapeut:innen ein.
  • Regelmäßige Erhöhung: Die jährlichen GKV-Preisanpassungen von durchschnittlich 5 bis 10 % sind auch ein geeigneter Zeitpunkt und ein starkes Argument für die Anpassung der Privatpreise.

GKV-Vergütung x Steigerungsfaktor = Privatpreise

Welcher Steigerungssatz ist angemessen für meine Praxis?

Diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten, da es auch dafür keine Orientierungsmöglichkeiten durch gesetzliche Vorgaben gibt.

Wie bei Ärzt:innen sollte es aber mindestens der 1,2-fache Satz sein, um den Mehraufwand der Patientenakquise und der Rechnungsstellung sowie das Eigenrisiko bei nicht zahlenden Privatpatient:innen auszugleichen. 

Weitere Faktoren, die den individuellen Steigerungssatz beeinflussen, sind:

  • Kaufkraftindex des Bundeslandes: durchschnittlich verfügbare Nettoeinkommen.
  • Praxissitz: Höhe der Mieten, der Löhne und der Lebenshaltungskosten usw.
  • Wettbewerb: Anzahl der vergleichbaren Praxen im Umfeld.
  • Erfahrung: Berufserfahrung, Spezialisierungen und Zusatzqualifikationen.
  • Besondere Privatleistungen: schnellere Termine oder besonderes Leistungsangebot.
  • Ausstattung: hochwertige, exklusive Einrichtung sowie moderner Therapiestandard.
  • Bestehen: Neugründung oder etablierte Praxis?
  • Ziel: angemessene Preise, Gewinnmaximierung oder günstige Leistungen für alle?

Privatpreis-Finder: Empfehlung online berechnen

Im Privatpreis-Finder haben wir zu allen Preisfaktoren konkrete Werte hinterlegt. Mit nur wenigen Klicks kannst du damit eine Empfehlung für deinen individuellen Steigerungsfaktor berechnen. 

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Und wie erleichtert mir das die Privatpreis-Kommunikation?

Wenn du deine Preise mit einem sachlichen und bekannten Vorgehen festlegst, sparst du dir viele Erklärungen

Sätze wie „Alles ist so teuer geworden“ oder „Auch ich muss meine Rechnungen noch bezahlen können“ sind damit überflüssig.

Die einzigen Erläuterungen, die du bei Nachfragen geben solltest, lautet dann:

„Für angemessene Preise orientieren wir uns an den bundesweit gesetzlich festgelegten und damit üblichen Vergütungen. Mithilfe unseres Steigerungssatzes berücksichtigen wir die regionalen Einflüsse und individuelle Besonderheiten unserer Praxis.”

Doch auch bei sachlicher Kommunikation werden einige Patient:innen dich und dein Team testen. Das Wissen, dass die Privatpreise dem Üblichen entsprechen und nach einem gängigen Vorgehen festgelegt wurden, wird in solchen Momenten helfen.

Gewissheit über angemessene Preise in der Kommunikation einsetzen (1)

Praxisteam: Wir passen unsere Preise an die gesetzlich festgelegten Vergütungserhöhungen an – daran orientiert sich auch die Beihilfe/PKV. Unser Steigerungssatz bezieht regionale Einflüsse und die Besonderheiten unserer Praxis ein.

Ich kann verstehen, dass es Sie ärgert, wenn Ihre Krankenkasse das bei der Anpassung Ihres Versicherungsumfanges nicht ausreichend berücksichtigt. 

Viele unserer Privatpatient:innen passen ihren Versicherungsumfang deshalb regelmäßig an oder haben eine private Zusatzversicherung für Heilmittelleistungen abgeschlossen.

Gewissheit über angemessene Preise in der Kommunikation einsetzen (2)

Patient:in: 2-facher Satz? So wertvoll ist Ihre Behandlung nun wirklich nicht! Wie wollen Sie das denn bitte rechtfertigen?

Praxisteam: Schade, dass Sie Ihre Therapie und unser Engagement nicht wertschätzen. Rechtfertigen muss ich unsere angemessenen Preise dennoch nicht. 

Ich muss sie verantworten und das tue ich gerne, damit unsere Teammitglieder weiterhin angemessene Gehälter sowie fachliche Fortbildungen erhalten und die Praxis ihren hohen Therapiestandard hält. Darauf lege ich Wert und viele Patient:innen wissen das zu schätzen.

Gewissheit über angemessene Preise in der Kommunikation einsetzen (3)

Patient:in: Aber für steigende Kosten und Ansprüche Ihrer Mitarbeiter kann ich doch nichts.

Praxisteam: Wir auch nicht. Damit unsere Praxis und alle Therapeut:innen weiterhin finanziell stabild aufgestellt und bestandsfähig sind, passen wir unsere Preise regelmäßig an die äußeren Faktoren an.

Versprochen, sollte eines Tages mal wieder alles günstiger werden, würden wir das ebenso umsetzen. Der Trend der letzten Jahre zeigt das derzeit allerdings nicht.

Gewissheit über angemessene Preise in der Kommunikation einsetzen (4)

Patient:in: Ich bekomme doch die gleiche Leistung – warum sollte ich mehr als gesetzlich Versicherte zahlen?!

Praxisteam: Bei der GKV als Sozialversicherung genießen wir durch die gemeinsamen Verträge besondere Vorteile und Sicherheiten. Dafür werden bei der Vergütung weder regionale Einflüsse noch die individuelle Expertise berücksichtigt.

Bei PKV und Beihilfe tragen wir eine erhöhte Verantwortung, das Rechnungsrisiko sowie die bürokratische Mehrarbeit – dafür können wir regionale Faktoren und therapeutische Expertise durch den Steigerungssatz geltend machen.

Ihr Vorteil ist: Sie können mehr und umfangreichere Therapien in Anspruch nehmen.


[4] Behandlungsvertrag – das stärkste Argument

Du hast es in den ersten Beispielen schon herausgelesen: Ein schriftlicher Behandlungsvertrag ist für mich ein Muss, insbesondere bei Privatpatient:innen.

Er schafft von Anfang an klare Verhältnisse und dient bei Diskussionen über die Zahlung der Preise als starkes Argument.

Besonders wichtig sind dabei die Honorarvereinbarung und die wirtschaftliche Aufklärung. Dadurch werden Patient:innen detailliert und transparent über folgende Aspekte informiert:

  • Honorarvereinbarung: Welche Leistungen werden erbracht? Was kosten sie? Wann ist die Zahlung fällig?
  • Wirtschaftliche Aufklärung zur
    • Kostenrückerstattung: Der Vertrag bleibt auch dann gültig, wenn Erstattungsstellen die Vergütung nicht oder nur teilweise übernehmen.
    • Ausfallgebühr: Termine müssen 24 Stunden vorher abgesagt werden. Andernfalls ist die Praxis gemäß § 615 BGB berechtigt, eine Ausfallrechnung zu stellen. Die Höhe orientiert sich am vereinbarten Preis.
    • Laufzeit des Vertrags: Der Vertrag gilt, bis er von einer der Parteien aufgelöst oder durch eine neue Vereinbarung ersetzt wird.

Vor Beginn der ersten Behandlung habe ich Patient:innen den Vertrag zum Lesen und Unterschreiben überreicht und anschließend nochmals gefragt:

„Haben Sie Ihren Leistungsumfang, die Zahlungsbedingungen sowie die Hinweise zur Kostenrückerstattung und Ausfallgebühr verstanden?“

Wenn das bejaht wurde, war sichergestellt, dass sie die Details wirklich gelesen und verstanden haben. Dann habe ich den Vertrag als Scan in der digitalen Patientenakte hinterlegt und das Original an Patient:innen ausgehändigt.

So war garantiert: Beide Parteien kennen die Regeln und „Ich wusste nicht, wie teuer das ist“ und ähnliche Ausreden hatten in meiner Praxis keine Chance

Dieses Diskussionspotential besteht eher, wenn Behandlungsverträge nur mündlich geschlossen werden oder wenn lediglich durch den Aushang einer Preisliste über Kosten informiert wird. 

Mein Grundsatz Nummer 4 lautet daher: Ein schriftlicher Behandlungsvertrag ist bei Privatpatient:innen ein Muss. 

Er eignet sich, wie im ersten Grundsatz beschrieben, hervorragend für die sachliche Ankündigung von Preiserhöhungen und dient im schlimmsten Fall als wirkungsvoller Diskussionsstopper:

Behandlungsvertrag als Diskussionsstopper einsetzen (1)

Patient:in: Ich wusste nicht, dass meine PKV/Beihilfe nur so wenig ihres hohen Preises zurückerstattet. Darüber hätten Sie mich aufklären müssen!

Praxisteam: Wir klären alle Patient:innen im Behandlungsvertrag umfassend über die wirtschaftlichen Aspekte ihrer Behandlung auf. 

Laut unserer Dokumentation haben auch Sie diesen Vertrag vor Ihrer ersten Behandlung/bei Ankündigung der Preiserhöhung unterzeichnet. Möchten Sie ihn noch einmal einsehen?

Behandlungsvertrag als Diskussionsstopper einsetzten (2)

Patient:in: Aber meine Beihilfe/PKV zahlt viel weniger als die GKV – bei Ihren Preisen bleibe ich auf hohen Zuzahlungen sitzen!

Praxisteam: Ich kann verstehen, dass es Sie ärgert, wenn Ihr Versicherungsumfang nicht die übliche Vergütung abdeckt – das müssen Sie mit Ihrem Versicherer regeln.

Für uns gilt der gemeinsame Behandlungsvertrag. Darin haben Sie bestätigt, dass Sie die Kosten, unabhängig von Ihrem Erstattungsanspruch, zu 100 % selbst tragen.

Behandlungsvertrag als Diskussionsstopper einsetzen (3)

Patient:in: Wenn Sie auf diese Erhöhung bestehen, suche ich mir eine günstigere Praxis.

Praxisteam:  Es steht Ihnen frei, unseren Behandlungsvertrag aufzulösen/nicht erneut anzunehmen.

Verstehe ich richtig, dass ich Ihre weiteren Termine löschen soll und Patient:innen von der Warteliste dafür kontaktieren kann?

Die häufigsten Steigerungsfaktoren

Wir haben 331 Heilmittelpraxen gefragt, um welchen Steigerungsfaktor sie die GKV-Vergütung erhöhen. Das ist das Ergebnis.


[5] Preiserhöhungen früh ankündigen = unnötiger Stress 

Zu Beginn habe ich Preisanpassungen oft 2 bis 3 Monate im Voraus angekündigt und genauso lange darüber diskutiert. Einige Privatpatient:innen nutzten dann jeden Termin, um ihre Unzufriedenheit über die kommenden Preise kundzutun

Als ich dazu überging, Patient:innen erst kurz vor Inkrafttreten der neuen Preise zu informieren, verkürzte sich dieser anstrengende Zeitraum erheblich.

Natürlich gab es immer noch Diskussionen, aber weniger Gelegenheiten dazu. In der Regel verstummten die Beschwerden, sobald die neuen Preise das erste Mal gezahlt wurden.

Dennoch ist es keine gute Idee, Patient:innen erst am Tag der Preiserhöhung darüber zu informieren.

Sie müssen vor dem Termin wissen, was ihre Behandlung kostet, und der Behandlungsvertrag sollte vorher schriftlich aktualisiert und erneut vereinbart werden.

  • Wenn der neue Preis nicht akzeptiert wird, hätten Patient:innen das Recht, die Behandlung abzulehnen und die Zahlung zu verweigern.
  • Auch eine Ausfallgebühr könnte in so einem Fall nicht erhoben werden, da der bisherige Behandlungsvertrag durch die Preisanpassung aufgehoben wurde.

Daher empfehle ich, die Ankündigung der Preiserhöhung und die Neuvereinbarung des Behandlungsvertrages ein bis maximal drei Termine vor Inkrafttreten durchzuführen – je nach Terminfrequenz.

In Grundsatz 1 kannst du nachlesen, wie mein Praxisteam und ich das kommunikativ umgesetzt haben.


So lange liegt bei anderen die letzte Preiserhöhung zurück

52 % der Heilmittelpraxen legen ihre Preise mit dem GKV-Steigerungsfaktor fest


[6] Preis-Kulanz: nur unter bestimmten Bedingungen

Grundsätzlich rate ich von Ausnahmen bei angemessenen Privatpreisen ab, da wertvolle Therapie eine faire Vergütung verdient und sie es Privatpatient:innen wert sein sollte.

Dennoch möchte ich mit diesem letzten Grundsatz eine Ausnahme aufzeigen, die unter bestimmten Umständen gerechtfertigt sein kann.

Wir alle kennen sie: Diese unfassbar zuverlässigen, wertschätzenden und oft langjährigen Patient:innen, die wirklich jeden Cent zusammenlegen und alles in ihrer Macht Stehende tun, um ihre Therapie zahlen zu können.

Für sie könnte eine Preiserhöhung tatsächlich bedeuten, dass sie sich eure Behandlung nicht mehr leisten können und gezwungen wären, eine andere Praxis aufzusuchen. In solchen Fällen darfst du mit deinem Team natürlich auch mal Ausnahmen machen.

Aber: Preis-Kulanz sollte eine echte Ausnahme bleiben.

Wenn ihr für jeden „noch so armen Beihilfeversicherten” und jede „noch so unterversicherte Privatpatientin” auf die Preiserhöhung verzichtet, gefährdet ihr die wirtschaftliche Stabilität eurer Praxis und eures Teams.

Um solche Ausnahmen sinnvoll zu gestalten, haben mein Team und ich damals klare Regeln dafür festgelegt. Nur wenn alle Punkte unserer Checkliste erfüllt wurden, haben wir einen Sonderpreis für besondere Patient:innen gewährt. 

Folgend ein paar Impulse für die Checkliste deiner Praxis:

  • Kriterien: Patient:in ist besonders zuverlässig, uns seit vielen Jahren bekannt, hat soziale oder finanzielle Umstände, die es unmöglich machen, mehr zu zahlen.
  • Entscheidungsweg: Darf jede:r entscheiden oder ist das „Chefsache“? Erfolgt die Entscheidung sofort oder nach Rücksprache im Team/mit der Leitung?
  • Umfang: Völliger Verzicht auf Preiserhöhung oder verminderte Anpassung?
  • Alternativen: Kleinerer Leistungsumfang, größere Frequenz oder ein Wechsel zu Therapeut:innen mit weniger Erfahrung möglich?  

In der Kommunikation hat sich das dann so dargestellt:

Preis-Kulanz kommunizieren.

Patient:in: Es tut mir wirklich leid. Ich weiß, dass Ihre Arbeit jeden Cent wert ist, aber ich kann mir den neuen Preis mit meiner kleinen Rente nicht mehr leisten. Können Sie mir vielleicht eine Praxis mit etwas niedrigeren Preisen empfehlen?

Praxisteam: Ich weiß, dass Sie unsere Zusammenarbeit schätzen, und ich möchte Ihre Therapie nur ungern in fremde Hände geben.

Zudem kenne ich die Preise umliegender Praxen nicht.

Geben Sie mir bitte bis zum nächsten Termin Zeit, um Rücksprache mit dem Team zu halten. Wir finden in der Regel individuelle Lösungen für langjährige und zuverlässige Patient:innen.

Bis dahin gilt für Sie der bisherige Behandlungsvertrag und Preis weiter.


Noch ein Extrem-Fall zum Abschluss

Während eines Webinars zum Thema Privatpreise festlegen und Idealvergütung erhalten berichteten mehrere Teilnehmer:innen von einem überraschenden Argument, das ihnen bei der Ankündigung einer Preisanpassung begegnete:

Patient:in: Statt mir die Preise zu erhöhen, können sie doch einfach ein paar Behandlungen mehr auf die Rechnung schreiben, um die Differenz auszugleichen. Das hat meine vorherige Therapiepraxis auch einfach so gemacht.

Achtung: Mit dieser Aussage wird um die Unterstützung bei Versicherungs- und Rechnungsbetrug gebeten. Darauf solltest du dich auf keinen Fall einlassen, denn das wäre eine Straftat.

Die einzige legitime und legale Antwort des Praxisteams lautet daher:

Praxisteam: Wir halten uns an die Gesetze zur korrekten Rechnungsstellung und berechnen ausschließlich tatsächlich erbrachte Leistungen. Versicherungsbetrug unterstützten wir nicht.

Fazit: Souveränität ist der Schlüssel 

Die Kommunikation über Privatpreise mag herausfordernd erscheinen, aber mit den richtigen Grundsätzen und einem klaren, selbstbewussten Ansatz kannst du unnötige Diskussionen vermeiden und den Wert deiner Leistungen überzeugend vermitteln.

Es ist in Ordnung, Verständnis zu zeigen, aber ein schlechtes Gewissen oder übermäßige Rechtfertigungen haben in Preisgesprächen keinen Platz. 

Bleibe immer sachlich, souverän und transparent – so stärkst du das Vertrauen deiner Patient:innen und sicherst gleichzeitig den langfristigen Erfolg deiner Praxis.

Deine Privatpreise sind eine Praxisentscheidung, die auf fundierter Basis getroffen wurde, um finanzielle Stabilität und faire Vergütungen für dein Team zu gewährleisten.

Ein schriftlicher Behandlungsvertrag hilft, Missverständnisse zu vermeiden und Diskussionen im Keim zu ersticken.


Preis-Kommunikation üben

Bereite dich und dein Team mithilfe kleiner Kommunikationsübungen vor, um auch in herausfordernden Situationen ruhig und professionell zu reagieren – das hat meinem Team und mir immer viel Sicherheit gegeben.

Für einen einfachen Einstieg habe ich dir im kostenlosen Download Kommunikationskarten zu allen Beispielen aus dem Artikel bereitgestellt.

Zudem findest du eine Vorlage, um eigene Übungskarten für die individuellen Argumente deiner Patient:innen zu erstellen.


Kostenloser Download: Preis-Kommunikation üben

Kostenloser Download: Übungskarten für die Kommunikation zu Privatpreisen

Wer hier für dich schreibt

Laura Wude (Praxisleiterin & Therapeutin)

Als langjährige Praxisleiterin kennt Laura Wude die Herausforderungen im therapeutischen Alltag aus eigener Erfahrung. In Seminaren und Expertenbeiträgen gibt die gelernte Podologin ihr Wissen regelmäßig weiter.

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