Zuzahlung für Heilmittel: Vorgaben in 5 Schritten erfüllen


Laura Wude (Praxisleiterin & Therapeutin)
04.04.2024

Zuzahlung für Heilmittel: Vorgaben in 5 Schritten erfüllen


Laura Wude (Praxisleiterin & Therapeutin)

Für Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Podologie

Wenn keine Befreiung vorliegt, müssen gesetzlich versicherte Patient:innen einen Eigenanteil zu ihrer Heilmittelbehandlung zahlen.

Als Leistungserbringer ist es deine Aufgabe, die Zuzahlung für gesetzliche Krankenversicherungen (GKV) gemäß den Vorgaben des SGB V von deinen Patient:innen einzuziehen. Bei der Abrechnung ziehst du den Betrag von der Gesamtvergütung der Verordnung ab.

In diesem Blogartikel erfährst du, wie du in 5 Schritten die gesetzliche Zuzahlungsregelung zur GKV-Heilmittelverordnung erfüllst.


[1] Informationspflicht zur Heilmittel-Zuzahlung erfüllen

Weil bei Beginn jeder GKV-Heilmittelverordnung automatisch auch ein mündlicher Behandlungsvertrag zustande kommt, musst du die gesetzlichen Vorgaben des bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) dazu beachten. 

Demnach hast du als Therapeut:in gegenüber Patient:innen nicht nur eine therapeutische Aufklärungspflicht über die Behandlungsdurchführung, sondern ebenso eine wirtschaftliche Informationspflicht über anfallende Kosten.

Bei Patient:innen mit Verordnungen der gesetzlichen Krankenkasse betrifft das ausschließlich die Aufklärung über Zuzahlungen, weil die sonstige Vergütung der Therapie von der Versicherung getragen wird. 

Sie soll schriftlich und vor Beginn der Therapie erfolgen und zusätzlich darüber informieren, dass für zu viel gezahlte Zuzahlungen, beispielsweise bei einem Behandlungsabbruch, eine Rückerstattung erfolgt.

So geht’s:

Am einfachsten klärst du Patient:innen mit einem Hinweis im Anmeldebogen oder dem Behandlungsvertrag deiner Praxis auf – dieser kann wie folgt lauten: 

„Für Heilmitteltherapie der gesetzlichen Krankenkasse wird ab dem ersten Tag der Behandlung die gesetzliche Zuzahlung in Höhe von 10 % der gesamten Behandlungskosten und 10 € je Verordnung erhoben. Die individuelle Höhe der Zuzahlung orientiert sich an der GKV-Vergütung je Leistung. Sie werden darüber zu Beginn der Behandlung mündlich informiert. Bei vorzeitiger Beendigung der Therapie erfolgt eine entsprechende Rückerstattung noch offener Zuzahlungsbeträge.“

Möchtest du besonders gut informieren, kannst du auch den Zeitpunkt sowie die Art und Weise der Bezahlung im Aufklärungstext oder mündlich nennen. 

Weitere Informationen zu beiden Aspekten folgen in unseren Tipps zur Patientenkommunikation.

Kostenlose Vorlage: Aushang gilt als schriftliche Aufklärung

Drucke den folgenden Download aus und hänge ihn gut sichtbar in deiner Praxis aus – schon hast du Schritt 1 zur Organisation der gesetzlichen Zuzahlung erledigt.

Vorlage für einen Aushang, der Patienten über die Zuzahlung für Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Podologie informiert

[2] Zuzahlungsstatus prüfen: pflichtig oder befreit?

In diesen Feldern der Heilmittelverordnung sollen Ärzt:innen den ihnen bekannten Status der Patientin oder des Patienten ankreuzen.

Beispiel für eine Heilmittel-Verordnung, die Informationen über den Zuzahlungsstatus enthält

In der Praxisrealität zeigt sich aber, dass die ärztliche Information nicht immer dem tatsächlichen Status von Patient:innen entspricht.

Zudem ist das Kreuz in den Feldern keine ärztliche Pflichtangabe und darf auch freigelassen werden.

Darum solltest du den tatsächlichen Zuzahlungsstatus von GKV-Versicherten zu Beginn jeder Verordnung selbst überprüfen.


Zuzahlungsbefreiung Heilmittel

Übersicht über die Gründe, warum keine Zuzahlung für Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Podologie nötig ist

Überprüfe unabhängig von der VO-Angabe, ob eines der Befreiungskriterien erfüllt wird. Ist das nicht der Fall, ziehst du die Zuzahlung wie in den weiteren Artikelabschnitten beschrieben ein.

Minderjährigkeit

Prüfkriterium: 
Das Geburtsdatum auf der Verordnung zeigt, dass die Patientin oder der Patient zum jeweiligen Behandlungszeitpunkt unter 18 Jahre alt ist.

Wichtig: Sollte sie/er während der laufenden VO volljährig werden, wird die Zuzahlung ab dann für weitere Einheiten fällig.

Befreiungsausweis

Prüfkriterium:
Patient:in kann einen gültigen Befreiungsausweis der Krankenkasse vorzeigen. Hinterlege eine Kopie davon in der Patientenakte – sie dient dir bei Unstimmigkeiten während der VO-Abrechnung als Beleg.

Wichtig: Befreiungen gelten in der Regel bis Jahresende und müssen bei Jahreswechsel neu geprüft werden – ggf. wird die Zuzahlung ab dann für weitere Einheiten fällig.

Beschwerden aufgrund einer Schwangerschaft

Prüfkriterium:
Ein ICD-10-Code oder der Diagnose-Freitext beschreibt wortwörtlich, dass die Patientin ihre Therapie aufgrund von gesundheitlichen Problemen während einer Schwangerschaft erhält. 

Beispiel-Diagnosen: 

  • O26.9 - mit der Schwangerschaft verbundener Zustand
  • O26.88 - sonstige näher bezeichnete Zustände, die mit der Schwangerschaft verbunden sind
  • O26.82 - Karpaltunnel-Syndrom während der Schwangerschaft

Wichtig: Schwangere sind nicht grundsätzlich befreit. Für alle Therapien ohne Bezug zur Schwangerschaft muss die gesetzliche Zuzahlung geleistet werden.

Tipp für deine reibungslose Abrechnung

Dokumentiere auf der GKV-Verordnung, warum du nach deiner Prüfung von der ärztlichen Zuzahlungsangabe abweichen musstest – das beugt Klärungen nach Absenden der Abrechnung vor.

Keine Zuzahlung berechnet:

  • Befreiungsausweis: Hänge eine Kopie davon bei der Abrechnung an die Papierverordnung.
  • Minderjährigkeit oder Schwangerschaftsbeschwerden: Hinterlasse eine Notiz auf der Rückseite der Verordnung und/oder in der digitalen Abrechnung: „Keine Zuzahlung aufgrund von Minderjährigkeit/Schwangerschaftsbeschwerden.“

Zuzahlung eingezogen:

Dokumentiere auf der Verordnung, dass kein Befreiungsgrund geprüft werden konnte: „Zuzahlung wurde eingezogen, weil kein Befreiungsgrund vorliegt.“

Verordnungskorrekturen der Zuzahlungs-Felder sind nicht notwendig

Bei falsch gesetztem oder fehlendem Kreuz sollst du Ärzt:innen lediglich über den tatsächlichen Zuzahlungsstatus der Patientin oder des Patienten informieren.

Das kannst du beispielsweise durch einen schnellen Anruf in der Arztpraxis oder im Therapiebericht Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie bzw. Podologie erledigen. 


[3] Zuzahlung für Heilmittel berechnen

Der Eigenanteil bei Heilmitteln setzt sich je Verordnung gemäß § 61 Satz 3 SGB V aus 10 % der tatsächlichen Behandlungskosten und 10 € Verordnungsblattgebühr zusammen.

Eine Zuzahlungsgrenze wurde für Heilmittel nicht festgelegt.

Die 10 % der Behandlungskosten werden anhand der taggleich gültigen GKV-Vergütung für die erbrachte(n) Leistung(en)/Heilmittel berechnet. Ändern sich die Preise im Laufe der Verordnung, ändert sich auch die Zuzahlungshöhe der Leistungen ab diesem Datum. 

Für die 10-Euro-Verordnungsblattgebühr ist der erste Behandlungstag maßgeblich. Bedeutet: Wenn der Zuzahlungsstatus nach der ersten Behandlung von „befreit“ auf „pflichtig“ wechselt, stellst du lediglich 10 % der Kosten für ab dann durchgeführten Behandlungen in Rechnung. 

Dieser Fall tritt ein, wenn …

  •  … Minderjährige während einer laufenden Verordnung volljährig und damit zuzahlungspflichtig werden.
  • … wenn Patienten nach dem Jahreswechsel (zunächst) keine Befreiung für das neue Jahr vorlegen können.
Infografik, die zeigt, wie sich die Zuzahlung in Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie und Podologie berechnet

Einige Leistungen und Heilmittel sind für alle GKV-Patienten zuzahlungsfrei. Dafür wird grundsätzlich kein Eigenanteil berechnet:

  • Berichte und Übermittlungsgebühren
  • Geburtsvorbereitung und Rückbildungsgymnastik in der Physiotherapie 
  • Ergotherapeutische Schienen + die versorgungsbezogene Pauschale je Blankoverordnung

Zuzahlungslisten und Tabellen

Hier findest du die aktuellen Zuzahlungstabellen für Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Podologie mit den Vergütungen und Zuzahlungen zu jeder Anzahl an Behandlungen.

Alle Listen wurden sorgfältig erstellt und geprüft. Maßgeblich sind jedoch die offiziellen Verträge und Ergänzungen.


Physiotherapie 
Gültig seit 01.01.2024

Ausschnitt aus der Preis- und Zuzahlungsliste für Physiotherapie

Ergotherapie
Gültig seit 01.04.2023

Ausschnitt aus der Preis- und Zuzahlungsliste für Ergotherapie

Logopädie
Gültig seit 01.10.2023

Ausschnitt aus der Preis- und Zuzahlungsliste für Ergotherapie

Podologie
Gültig seit 01.07.2023

Ausschnitt aus der Preis- und Zuzahlungsliste für Podologie

Zuzahlungen automatisch berechnen

Ein Tool wie thevea berechnet Zuzahlungen automatisch und erstellt Zuzahlungsquittungen und -rechnungen mit einem Klick. Wie das geht, kannst du dir hier ohne Registrierung anschauen.

Startbild einer Produkttour durch die digitale Organisation von Zuzahlungen für Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Podologie

[4] Zuzahlung von Patienten einziehen

  • Gemäß GKV-Versorgungsvertrag sollst du die gesamte Zuzahlung ab der ersten Behandlungseinheit einer neuen Verordnung einziehen. Das ist aber keine Pflicht.
  • Idealerweise lässt du Patient:innen die Zuzahlung immer vor Ort per Bar- oder Kartenzahlung begleichen. Damit sparst du dir zeitaufwendige Rechnungsstellung, -verfolgung und bei Nichtzahlung das Mahnwesen – mehr dazu unter Zuzahlungsrechnung.
  • Wichtig ist, dass du Patient:innen für jede geleistete Zuzahlung eine Quittung ausstellst. Diese benötigen sie beispielsweise bei der Beantragung ihrer Befreiung. Außerdem wird sie bei einem eventuellen Exkasso der Zuzahlung wichtig. Zu viel gezahlte Beträge müssen bei vorzeitigem Ende der Verordnung zurückerstattet werden.

Hinweis für Physiotherapeut:innen: Gemäß GKV-Vertrag muss auf der Zuzahlungsquittung zur Physiotherapie erneut über die Erstattungsmöglichkeit der Zuzahlung informiert werden.

Der Hinweis dazu kann beispielsweise so lauten: „Sollte die Behandlung abgebrochen werden, haben Sie einen Anspruch auf Erstattung der zu viel geleisteten Zuzahlung.“

Beispiel für eine Zuzahlungsquittung für Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Podologie

Wichtig: Damit du bei jeder Behandlung den Überblick dazu behältst, solltest du zusätzlich jede geleistete Zuzahlung in der (digitalen) Patientenakte dokumentieren.


Zuzahlungsrechnung Heilmittel – das ist zu beachten

Einige Patienten können die Zuzahlung nicht direkt begleichen. Das ist häufig bei Hausbesuchen, bei Patient:innen in Betreuung sowie bei einem spontanen Behandlungsabbruch der Fall – dann wird eine Rechnung für die Zuzahlung erforderlich. 

Um Portokosten zu sparen, solltest du diese möglichst persönlich überreichen.

„Ich habe mal wieder kein Portemonnaie dabei“ hast du als Ausrede vielleicht auch schon häufiger gehört … auch bei den Patient:innen, welche die Zuzahlung trotz vorheriger Aufklärung und mündlicher Aufforderung einfach nicht zahlen wollen, macht eine schriftliche Aufforderung in Form einer Zuzahlungsrechnung Sinn. Damit bereitest du auch direkt Schritt 5 (Einzug durch die Krankenkasse) vor.

Zahlungsziel von Rechnungen/schriftlichen Aufforderungen für die Zuzahlung

  • Gemäß jeweiligem Versorgungsvertrag sollen Physio- und Ergotherapeut:innen für die Zahlung eine Frist von 14 Kalendertagen einräumen. 
  • Für Podolog:innen und Logopäd:innen wurde diese Regel nicht festgelegt und es sind kürzere Zahlungsziele möglich, beispielsweise sofort oder innerhalb von 3 Tagen.

Tipp: Du möchtest für Zuzahlungsrechnungen am liebsten gar keinen Aufwand mehr betreiben? Über einen Abrechnungsservice kannst du die Rechnungsstellung und ggf. das Mahnwesen bei der Abrechnung für Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Podologie abgeben.


Zeitpunkt für Patientenzuzahlung wählen 

Auch wenn § 8 der Rahmenverträge für Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Podologie den ersten Behandlungstermin dafür empfiehlt: Über den Zeitpunkt der Zuzahlung darfst du frei und passend zu deiner Praxisorganisation entscheiden.

Wir haben Pro und Contra der verschiedenen Möglichkeiten zusammengefasst.

Vollständiger Einzug bei Verordnungsbeginn

  • ✅ Sichert dir den gesamten Zuzahlungsbetrag deiner Vergütung zeitnah und ist als Zahlung vor Ort mit anschließender Quittung unbürokratisch. Bei Zahlung per Rechnung bleibt dir bis zum Ende der Verordnung ausreichend Zeit, um ggf. an deren Begleichung zu erinnern.
  • ⛔ Kann am Ende der Verordnung aber für mehr Bürokratie sorgen. Denn ggf. musst du Teilbeträge nachberechnen, die wegen einer (spontanen) Preissteigerung im Laufe der Verordnung entstanden sind. Ebenso müsstest du bei einem vorzeitigen Ende der Verordnung Rückzahlungen an Patienten leisten – mehr unter Exkassopflicht.

Vollständiger Einzug bei Verordnungsabschluss

  • ✅ Die Höhe des Betrages ist am Ende der Verordnung auf jeden Fall sicher. Idealerweise rechnest du die vollständige Zuzahlung direkt am Tag der letzten Behandlung in bar oder per Kartenzahlung ab, stellst die Quittung dafür aus und hast damit die Zuzahlung unkompliziert, erfolgreich und korrekt eingezogen. 
  • ⛔ Bei Zuzahlungsrechnungen bei Behandlungsende sehen die „klassischen Zuzahlungsverweigerer“ ggf. ihre Chance … die Situation haben viele Praxen schon einmal erlebt: Patient:innen begleichen die Zuzahlungsrechnung nicht innerhalb der Frist und sind plötzlich auch nicht mehr erreichbar. Keine Sorge! Wenn das passiert, musst du kein aufwendiges Mahnwesen betreiben und bleibst dennoch nicht auf den Kosten der Rechnung sitzen – dazu gleich mehr unter Schritt 5.

Teil-Einzug nach jeder Behandlung

  • ✅ Du sicherst dir den fälligen Teilbetrag der Zuzahlung nach jeder Behandlung. Beim ersten Termin die 10 € + 10 % und ab dem zweiten Termin nur noch die 10 % je Leistung.
  • ⛔ Das bringt jedoch enorm viel Bürokratie mit sich, weil du jeden gezahlten Teilbetrag quittieren und dokumentieren musst. In der Regel wollen Patient:innen zudem beim Abschluss der Verordnung eine Sammelquittung für den Gesamtbetrag. 

Tipp: Aufwand für Zuzahlungen minimieren

Es gibt gute Softwarelösungen für Zuzahlungen – beispielsweise werden im Zuzahlungsrechner von thevea alle oben beschriebenen Regeln beachtet. Zudem erstellst du Quittungen und Rechnungen mit wenigen Klicks.

➔ Zuzahlungsrechner kostenlos testen


Heilmittel-Zuzahlung mit der Gesamtvergütung verrechnen

Deine Patient:in hat die Zuzahlung direkt vor Ort beglichen und die Quittung dazu erhalten oder die gestellte Rechnung pünktlich bezahlt? Top – dann lief dein Zuzahlungseinzug reibungslos!

Verrechne den Zuzahlungsbetrag bei der Abrechnung mit der Gesamtvergütung der Verordnung. 

Hier eine Beispiel-Rechnung aus der Logopädie, die Preise sind mit Stand vom 01.10.2023:

  • Es wurde eine Bedarfsdiagnostik für 55,58 € und 10x Einzel-Therapie mit 45 Minuten für 67,93 € durchgeführt – ergibt eine Gesamtvergütung von 734,88 €
  • 10 % dieser Behandlungskosten betragen 73,49 € und werden mit 10 € Verordnungsgebühr addiert – ergibt eine Zuzahlung in Höhe von 83,49 €
  • 734,88 € - 83,49 € = 651,39 € Vergütung durch Krankenkasse


Exkasso: Rückerstattung bei zu viel geleisteter Zuzahlung für Heilmittel

Du hast es im Artikel schon ein paar mal gelesen: Die GKV-Verträge geben vor, dass zu viel geleistete Zuzahlung zurückzuerstatten ist. 

Das ist beispielsweise bei einem vorzeitigen Verordnungsabbruch oder bei gerechtfertigten Rechnungskürzungen seitens der Krankenkasse der Fall.

Im Logopädie-Rahmenvertrag wird festgelegt, dass das Exkasso nur nach Aufforderung durch Patient:innen erfolgen muss. Die Verträge der anderen Heilmittelfachberufe legen nicht fest, wer für die Erstattung auf wen zukommen soll.

Wichtig: Dabei muss die ausgestellte Quittung zur Zuzahlung entsprechend angepasst werden. Patient:innen müssen sie für eine reibungslose Rückerstattung also mit in die Praxis bringen. 

Warum das Ganze? Diese Quittung können sowohl beim Antrag auf Befreiung, als auch bei Steuererklärungen eingesetzt werden – für beides ist die Korrektheit und Aktualität der Quittung Voraussetzung. Du kennst das aus deinem Privatleben, beispielsweise beim Umtausch einer Ware.

Für die Quittungskorrektur gibt jeder Versorgungsvertrag etwas anderes vor:

  • Physiotherapie: Originalquittung ist nach Rückgabe auszutauschen.
  • Ergotherapie: Originalquittung muss angepasst werden. 
  • Logopädie: Änderung soll auf der Originalquittung vermerkt werden.
  • Podologie: Originalquittung darf geändert oder nach Rückgabe austauscht werden.

Diese Vorgaben bedeuten auch, dass ohne Originalquittung keine Erstattung möglich ist.

Möchtest du aus Kulanz dennoch offene Beträge zurückerstatten, sichern dich digitale Quittungen bzw. ein Duplikat oder eine Kopie der Originalquittung ab. 

Diese kannst du im Falle eines Exkasso ausdrucken/erneut kopieren und gemäß der oben genannten Korrektur-Regel anpassen. Vermerke darauf und in der Patientenakte, dass die Originalquittung nicht vorgelegt wurde. Lasse dich hierzu ggf. noch einmal von deinem Steuerbüro beraten.


[5-Optional] Heilmittel-Zuzahlung durch die Krankenkasse einziehen lassen

Eine Patientin oder ein Patient zahlt die Zuzahlung partout nicht, obwohl du mindestens einmal mündlich dazu aufgefordert hast? Und auch die dann gestellte Rechnung wird nicht innerhalb der gesetzten Frist beglichen?

Ab diesem Zeitpunkt kannst du die Krankenkasse mit dem Einzug der Zuzahlung beauftragen

Mit einer mündlichen Aufforderung und einer erfolglosen Rechnung, welche als schriftliche Aufforderung zur Zahlung gilt, hast du dafür schon alle Voraussetzungen gemäß § 43 c SGB V erfüllt. 

Du musst also kein aufwendiges Mahnwesen für Zuzahlungen betreiben, das übernimmst die Krankenkasse dann für dich. 


Verordnungsabrechnung bei Einzug der Krankenkasse

Hier gibt es zwei mögliche Varianten:

1️⃣ Du weißt schon bei der VO-Abrechnung, dass die Zuzahlung nicht beglichen wird. Die Patientin oder der Patient hat also weder auf die mündliche, noch innerhalb der (14-tägigen) Frist auf die schriftliche Aufforderung (Rechnung) reagiert und die Verordnung wurde bisher nicht mit Abzug der offenen Zuzahlung abgerechnet.

In diesem Fall rechnest du die Gesamtvergütung ohne Abzug der Zuzahlung mit der Krankenkasse ab und hängst einen Beleg für den erfolglosen Einzug an die Papierverordnung (die offene, schriftliche Rechnung/Zahlungsaufforderung).

Bei Abrechnung über einen Dienstleister musst du ggf. das GKV-Dokument Erfolgloser Einzug der Zuzahlung gemäß § 43 c Abs. 1 SGB V ausfüllen und der Verordnung beilegen – das ist aber nicht immer der Fall.

Du erfährst das korrekte Vorgehen direkt bei deinem Abrechnungspartner – vielen reicht die beigelegte offene Rechnung für den Vorgang.

Selbstabrechner geben in den elektronischen Abrechnungsdaten Schlüssel 2 an, welcher “keine Zuzahlung trotz schriftlicher Zahlungsaufforderung” verdeutlicht und füllen das oben verlinkte Formular dabei elektronisch in ihrer zertifizierten Software aus.


2️⃣ Du hast eine Verordnung bereits mit Abzug der Zuzahlung abgerechnet und stellst erst im Nachgang fest, dass die Zuzahlung trotz gesonderter schriftlicher Aufforderung/Rechnung nicht gezahlt wird. 

Dann kannst du den ausstehenden Zuzahlungsbetrag auch unabhängig von der Verordnung nachfordern. Das ist gemäß § 18 Absatz 5 aller Versorgungsverträge bis zu 9 Kalendermonate lang möglich, gerechnet vom Ende des Monats, in dem die Verordnung abgeschlossen wurde.

Frage auch hier bei deinem Abrechnungsdienstleister nach, wie du dafür vorgehst – je nach Service reicht eine kurze digitale oder telefonische Meldung dazu oder es soll ein Formular dafür ausgefüllt werden.

Selbstabrechner führen dafür das elektronische Korrekturverfahren mit Verarbeitungskennzeichen 03 (VKZ 3) für die Zuzahlungsnachforderung in ihrer zertifizierten Software durch.


Fazit zur gesetzlichen Zuzahlung

Wenn alles glattläuft und Patient:innen sich ebenfalls ohne Diskussion an die Regeln halten, hast du den Einzug der Zuzahlung unkompliziert in vier Schritten erledigt:

  1. Aufklärung über die Zuzahlung
  2. Prüfung, ob ggf. Befreiung vorliegt
  3. Berechnung des Betrages
  4. Einzug des Betrages

Auch wenn wir in diesem Artikel viele Details zu jedem Schritt genannt haben, kosten sie dich und deinen Mitarbeitern in der Realität nur wenige Minuten Aufwand.

Mit Unterstützung einer guten Praxissoftware oder einem Abrechnungsstool geht das Management von Patientenzuzahlungen besonders schnell.

Und wenn Patient:innen die Zuzahlung nach mündlicher sowie schriftlicher Aufforderung verweigern, kannst du Gebrauch von Schritt 5 machen und die Krankenkasse mit dem Einzug der Zuzahlung beauftragen. Dein Geld erhältst du also auf jeden Fall – auch ohne Mahnwesen. 

Damit es idealerweise gar nicht so weit kommt, folgen zum Abschluss dieses Artikels noch ein paar Kommunikations-Tipps zur Zuzahlung.


Tipps für die Patienkommunikation: Diskussionen vermeiden

Die meisten Patient:innen zahlen die Zuzahlung ohne Probleme. Einige wollen es aber doch ganz genau wissen oder weigern sich sogar, die Zuzahlung zu leisten.

Die Argumente dafür sind vielfältig – du und dein Team benötigt aber nur wenige Tatsachen, um diese in der Kommunikation zu entkräften. 

Regel Nummer 1 dabei ist: „Lass dich nicht auf Diskussionen über gesetzliche Vorgaben ein.“

Du kannst weder die Regeln des fünften Sozialgesetzbuches ändern, noch bist du dafür verantwortlich, dass Patient:innen die Zuzahlung weniger „doof“ finden. 

Vermeide Sätze wie „ich verstehe, dass sie den Betrag nicht gerne zahlen wollen, aber ich bin doch verpflichtet ihn einzuziehen …“ oder „ja, tut mir leid, dass der Betrag so hoch ist und sie ggf. deswegen finanzielle Einschränkungen haben, aber …“.

Sie öffnen nur die Tür für weitere Diskussionen und lassen ggf. darauf hoffen, dass du einfach aus Kulanz und vor lauter schlechtem Gewissen auf die Zuzahlung verzichtest – das solltest du in keinem Fall tun.

Erinnere dich in solchen Momenten bitte daran, dass du alle Patient:innen vor Behandlungsbeginn ausreichend über die Zuzahlung informiert hast. 

Sie wussten also, worauf sie sich bei Therapiebeginn einlassen und dass sie die Zuzahlung leisten müssen. 

Habe zudem im Hinterkopf, dass nicht du bestimmst, wer die Zahlung leisten muss. Sollte ein triftiger Grund vorliegen, etwa eine finanzielle Überbelastung, sind Patient:innen durch einen Befreiungsausweis ihrer Krankenkasse von der Zuzahlung befreit.

3 Beispiele für klare Zahlungs-Kommunikation:

🤔 Patient:in: „Es ist unfair, dass Sie sich an meiner Erkrankung auch noch bereichern wollen!“ 

💡 Praxisteam: „GKV-Zuzahlungen bereichern nicht unsere Heilmittelpraxis, sondern werden 1:1 mit der gesetzlich festgelegten GKV-Vergütung ihrer Heilmitteltherapie verrechnet. Wir verdienen kein Cent dabei.“
 

🤔 Patient:in: „Sie dürfen gar keine Zusatzkosten zur Therapie berechnen, meine Krankenkasse zahlt den Gesamtbetrag der ärztlichen Verordnung.“

💡 Praxisteam: „Die Zuzahlung zur Heilmitteltherapie ist gemäß SGB V Ihre Pflicht als gesetzlich versicherte Person und wir sind verpflichtet, den Einzug für die Krankenkasse durchzuführen. Darüber haben wir sie zu Beginn der Behandlung informiert.“

🤔 Patient:in: „Ich kann/will den Betrag (jetzt) nicht zahlen – Punkt!“

💡 Praxisteam: „Das geben wir gerne so an ihre Krankenkasse weiter. Sie erhalten die Rechnung über den Zuzahlungsbetrag dann direkt von dieser.“


Keine Lust, diese Argumente in Dauerschleife zu wiederholen?

Absolute Extremfälle sind selten, aber es gibt sie: Patient:innen, die nach der Aufklärung zwar zum Behandlungsbeginn einwilligen, dann aber bei jeder Gelegenheit über die Zuzahlung diskutieren wollen. 

Für diese Personen haben wir dir und deinem Team eine kleine, aber sehr detaillierte Patienten-Aufklärung (mit extra vielen Paragrafen 😉) zusammengestellt. Du kannst sie auch grundsätzlich an alle Patient:innen bei Behandlungsbeginn ausgeben – das ist aber wirklich nicht nötig.

Trage darin das Datum, den Patientennamen, den Zahlungszeitpunkt, die Verordnung und deren Leistungen sowie den voraussichtlichen Zuzahlungsbetrag dafür ein. 

Bitte Patient:innen nach Übergabe dieser Aufklärung um endgültige Beendigung der Diskussion zum Thema GKV-Zuzahlung. Weise gerne darauf hin, dass weitere Fragen besser bei der eigenen Krankenkasse aufgehoben sind.

Beispiel für eine Zuzahlungsaufklärung

Wer hier für dich schreibt

Laura Wude (Praxisleiterin & Therapeutin)

Als langjährige Praxisleiterin kennt Laura Wude die Herausforderungen im therapeutischen Alltag aus eigener Erfahrung. In Seminaren und Expertenbeiträgen gibt die gelernte Podologin ihr Wissen regelmäßig weiter.
💬 praxis-wissen@thevea.de


Mehr Praxis-Wissen für Ergotherapie, Logopädie, Physiotherapie, Podologie

Praxis-Impulse per E-Mail

Speziell für Ergotherapie, Logopädie, Physiotherapie, Podologie

  • Von Laura Wude (Praxisleiterin & Therapeutin) und anderen Heilmittel-Profis
  • Leitfäden und Checklisten für eine erfolgreiche Praxis
  • 2 bis 3 Mal im Monat, kostenlos & jederzeit abbestellbar

Häufig gelesen

>